Kinesiologisches Tape ist in aller Munde. Immer mehr Physiotherapeuten, Masseure, Heilpraktiker und auch Ärzte bieten diese innovative Behandlungsmethode an. Die „bunten Tapestreifen“ haben eine enorme Präsenz: Aus dem Profi- und Breitensport sind sie nicht mehr wegzudenken, und auch bei der Behandlung von orthopädischen Erkrankungen sind sie mittlerweile in der breiten Bevölkerung angekommen. Immer mehr Menschen und Therapeuten vertrauen auf die bunten Klebebänder. Doch was genau ist Kinesiologisches Taping? Woher kommt es? Wie wirkt es? Und bei welchen Beschwerden wird es eingesetzt? All das möchte ich in diesem Artikel klären.
Die Geschichte des Kinesiotapes
Der Ursprung des kinesiologischen Tapes liegt in Japan. In den 70er Jahren suchte der japanische Chiropraktiker und Kinesiologe Dr. Kenzo Kase nach einer neuen Therapietechnik. Ziel war es, die negativen Auswirkungen der konventionellen chiropraktischen Behandlung zu minimieren. Erste Versuche mit dem klassischen weißen Tape blieben leider erfolglos.
Auf einem Kongress wurde Dr. Kase auf ein klebendes und elastisches Tape aufmerksam, das für seine Zwecke geeignet sein könnte. Nach langer und intensiver Forschung entstand seine neue Therapiemethode: das Kinesiologische Taping, mit dem passenden Material, das ebenfalls von Dr. Kenzo Kase entwickelt wurde. Die Methode basierte auf dem Prinzip der Aktivierung der körpereigenen Heilungskräfte in Kombination mit Anwendungen aus der Kinesiologie.
Ab 1979 wurde das Kinesiotape dann von der japanischen Volleyball-Olympiamannschaft erstmals öffentlich im Profisport eingesetzt. In der Folge verbreitete sich das Tape im japanischen Profisport. Der Erfolg war verblüffend, bald wurden herkömmliche Therapieformen durch die bunten Tapestreifen ersetzt. Als Ende der 90er Jahre der niederländische Fußballprofi Alfred Nijhuis in die japanische J-League wechselte, kam erstmals ein Europäer richtig mit dem Kinesiotape in Berührung. Nijhuis brachte dann die Tapes und das Wissen darüber mit nach Europa. Von den Niederlanden aus verbreitete sich die Therapietechnik über Europa und den Rest der Welt.
Die Grundlagen des Kinesiotapes
- Das Ziel des Kinesiotapes ist die Aktivierung der Selbstheilungskräfte
- Das Kinesiotape nimmt Einfluss auf das sensorische und zirkulatorische System
- Das Kinesiotape beachtet die Prinzipien des Kinesiologie (Bewegungslehre)
Das „klassische Tape“ vs „Kinesiologisches Tape“
Ein Vergleich zwischen dem „klassischen Tape“ und dem „kinesiologischen Tape“ zeigt deutliche Unterschiede zwischen den beiden Materialien und ihren Anwendungsmöglichkeiten.
Der klassische Tapeverband ist unelastisch und starr. Immobilisation und mechanische Stabilität stehen hier im Vordergrund. Verletzte Strukturen sollen geschützt, gestützt und fixiert bzw. entlastet werden. Dabei können jedoch die darunter liegenden Strukturen durch nachträgliches Anschwellen oder durch zu enges Anlegen abgeschnürt werden -> d.h. Durchblutung und Zirkulation können gestört werden.
Das kinesiologische Tape ist anders. Es unterstützt die körpereigenen Heilungsmechanismen. Mit einem Kinesiologischen Tape hat man immer noch die volle Bewegungsfreiheit. Es ist luft- und wasserdurchlässig und daher auch über mehrere Tage sehr angenehm zu tragen. Das Tape fördert die Durchblutung, den Stoffwechsel, beeinflusst die Muskelfunktion und den Schmerz. Außerdem wirkt es energetisierend und reflektorisch.
Klassisches Tape
- Mechanik
- Funktionelle Immobilisation
- Muskulatur schützen/stützen/entlasten
- Kann Schwellungen/Stauungen verursachen
Kinesiologisches Tape
- Sensorik
- Voller Bewegungsradius
- Muskulatur wird aktiviert
- verursacht weder Stauungen noch Schwellungen
Wirkungen des Kinesiologischen Tapes
Normalisierung der Muskelfunktion
Ein in seiner normalen Funktion gestörter Muskel entwickelt auf Dauer vielfältige Probleme. Die Durchblutung wird beeinträchtigt, der Spannungszustand sowie das biochemische Milieu verändern sich, die Verletzungsgefahr steigt und Trainingsreize werden nur noch vermindert oder gar nicht mehr angenommen. Durch den Einfluss des kinesiologischen Tapes kommt es zu einer Tonusregulierung (= Regulierung des Spannungs- und Erregungszustandes der Muskulatur). Je nach Anlagetechnik und Richtung des Tapes kann tonisierend (= Erhöhung der Muskelspannung) oder detonisierend (= Senkung der Muskelspannung) eingewirkt werden, d.h. der Muskel wird wieder in den „Normalzustand“ zurückgeführt.
Wirkung des Kinesiologischen Tapes auf die Haut
Durch die Wellenbildung im Tape und damit auch auf der darunter liegenden „geklebten“ Haut kommt es zu einer Öffnung der kleinen Gefäße in den Hautschichten (Arterien, Venen, Kapillaren, Lymphgefäße) und damit zu einer verbesserten Durchblutung.
Weitere Wirkungen des Kinesiologischen Tapes
- Aktivierung des Analytischen Systems
- Reflektorische Wirkung über Reflexzonen/Wirbelsäulensegmente
- Narben- und Gewebsverklebungen
Säulen des Kinesiologischen Tapes
- Muskulatur
- Gelenke
- Zirkulation
- Schmerz
Wichtiges zum Anlegen und Entfernen
Um eine möglichst lange Haltbarkeit des Kinesiologischen Tapes auf der Haut zu gewährleisten, müssen einige Vorkehrungen getroffen werden: Die Haut muss trocken und fettfrei sein, ebenso sollte starke Körperbehaarung vorher rasiert werden. Ansonsten kann es in den ersten Tagen zu einem unangenehmen Zwicken unter dem Tape kommen. Außerdem sollten die Enden des Tapes mit einer Schere abgerundet werden, damit es besser haftet.
Sport, Duschen und sogar Baden (dann hält das Tape aber wahrscheinlich keine 7 Tage auf der Haut) sind kein Problem, nur beim Abtrocknen nicht zu stark mit dem Handtuch reiben. Wenn das alles beachtet wird, sollte ein kinesiologisches Tape ca. 7 Tage auf der Haut bleiben können.
Am besten entfernt man das Tape unter der Dusche oder mit etwas Öl in Haarwuchsrichtung.
Indikationen (Beispiele)
- Schmerzen im Bewegungsapparat
- Gynäkologie
- Nach Traumata
- Nach Operationen
- Bei Weichteilbeschwerden
- Schwangerschaft
Kontraindikationen
Nach heutigem Wissensstand sind keine echten Kontraindikationen bekannt. Jedoch sollte das Tape logischerweise nicht auf offene Wunden geklebt werden.